Portrait
Geschichte
Gründung
905 wurde Sommeri erstmals urkundlich erwähnt:
omnem hereditatem meam dimidiam, quam hodierna die visus sum habere in Sumbrinaro marcho.
Mit diesen Worten beginnt die Urkunde, in welcher Milo von Zihlschlacht sein Erbe in Sommeri dem Kloster St. Gallen vermacht.
Heute ist Sommeri eine Einheitsgemeinde. Deutlich sind aber noch die beiden Ortsteile Nieder- und Obersommeri erkennbar, die bis 1967 eigene Ortsgemeinden waren. Bis zum heutigen Tag haben sich die beiden Waldkorporationen Niedersommeri und Obersommeri erhalten.
Auf der alten Landkarte ist ersichtlich, dass in der Vergangenheit Teile von Amriswil zu Sommeri gehört haben.
Woher kommt der Name Sommeri?
In seinem zu Zihlschlacht abgefassten Brief erklärt Milo am 14. März 905, dass er dem Abt Salomon von St. Gallen die Hälfte seiner Erbschaft in der Gemarkung Sommeri übereigne.
Sumbri hiess das Dorf auch weiterhin, wobei meist Niedersommeri gemeint war, wo die Kirche steht. Obersommeri wird erstmals als Obernsumbri 1290 vom Kirchdorf unterschieden. Andere Formen des Namens waren Summery um 1600 und Somery um 1700.
Es ist bis heute nicht mit Sicherheit geklärt, woher die alte Namensform „Sumbrin“ kommt. Ob sie mit dem althochdeutschen „Sumbir“ = Holunder oder „Sumbri“ = summo rino = zuoberst am Bach zusammenhängt. Für die erstere Variante spricht, dass der Holder in und um Sommeri wirklich allenthalben prächtig gedeiht. Vom Hebbach ist dagegen nicht mehr viel übriggeblieben. Er wurde zum grössten Teil eingedohlt, um „wertvolles Kulturland zu schaffen“.
O. Marti stellt in seinem Buch „Die Götter unserer Ahnen“ die These auf, dass es sich bei Sommeri um eine alte Kultstätte aus der Keltenzeit handle, wo dem Sonnengott „sul“ oder „sol“ Opfer dargebracht wurden.
Im Ortsnamenbuch TG hingegen, deutet Dr. E. Nyffenegger „sumbir“ als althochdeutschen Diminutiv „sumbarin“, was so viel wie „geflochtenes Körbchen“ heisst.
Kirche
Die Kirche ist dem hl. Mauritius geweiht und stammt aus der Zeit um 700. Sie hat eine recht wechselvolle Geschichte hinter sich. Zuerst unterstand sie dem Kloster St. Gallen. Von ca. 1400 bis 1749 dem Domkapitel Konstanz und anschliessend wieder dem Kloster St. Gallen.
Während der Reformation fand der neue Glauben in Sommeri rasch eine grosse Anhängerschaft, was nicht unwesentlich auch mit der allgemeinen Unbeliebtheit des damaligen Pfarrers zusammenhing.
1529 wurden die Altäre und Bilder aus der Kirche entfernt und auf dem Friedhof verbrannt. In den nächsten 6 Jahren fand in Sommeri keine Messe mehr statt. Durch die Niederlage der Reformierten im zweiten Kappeler Krieg änderte sich die Lage wieder von Grund auf.
So kam es, dass die Leute von Niedersommeri fast vollzählig wieder zum katholischen Glauben zurückkehrten. In Obersommeri hingegen blieben einige Familien bei der neuen Lehre.
Seit dem 1. Januar 2023 ist die Kirche nur noch katholisch.
1528, der ungeliebte Pfarrer
Einen öffentlichen Anschlag auf ihren Pfarrer verübte die Gemeinde Sommeri während der Palmsonntagsprozession.
Vadian berichtet: „uf sontag, den palmtag 1528, wie der pfarrer zuo Someri im Turgöw nach altem bruch den esel ziechen und zuo im das volk palmen schiessen liess, begab es sich, dass er vor sinem kaplon nider uf ain tuoch lag und über sich singen liess, wie man an diesem fest gewon was. Schlimm est inum: percutiam pastorem. Do schussend die puren mit den palmen zuo dem esel. Ainer aber, wie er den pfaffen liggend sach, warf mit einem stain zuo im und traf in mitten uf den kopf und warf im ain gross pülen uf. Wie der pfaff ufwuscht und sich des beklagt, wolt es niemand gethon han.“
Der Thurgauer Landvogt berichtete ebenfalls über den Fall. Die Quellen widersprechen sich in zwei Punkten: Der Landvogt meldet den Vorfall im April 1526 weiter und spricht von mehreren Leuten, die statt Palmen Steine geworfen haben sollen. Später ist dann allerdings nur noch von einem Täter die Rede, so dass ich, was den Vorgang betrifft, eher Vadian Glauben schenke, bezüglich der Datierung dagegen dem Bericht des Landvogts.
Der Pfarrer, gegen den sich diese antiklerikale Aktion richtete, war dem Dorf aufgedrängt worden. Im März 1524 hatte die altgläubige innerschweizerische Obrigkeit den beliebten, zum neuen Glauben gewechselten Pfarrer, aus Sommeri verjagen und durch den altgläubigen Johannes Brack ersetzen lassen. Seither kämpfte die Gemeinde Sommeri gegen den neuen Pfarrer. Die Einwohner liessen sogar eigens ein diffamierendes Flugblatt gegen ihn drucken und forderten ihn mit einem Ultimatum auf, die Pfarrei zu verlassen. Der altgläubige Pfarrer scheint jedoch fünf Jahre in Sommeri ausgeharrt zu haben. Der Palmsonntag war – aus der Sicht der Täter – der ideale Zeitpunkt für die Bestrafung und Demütigung des ungeliebten Priesters. Die ganze Gemeinde war an der Prozession anwesend und der Stein traf ihn in dem Augenblick, da er den Kopf zum Boden gewandt hatte und nichts sehen konnte. Es war dies der Moment – und hier kommt der bilderfeindliche Aspekt der Tat zum Vorschein – in dem er dem Bild huldigte. ein gutes halbes Jahr später, an Weihnachten, kam es in Sommeri zum Bildersturm
Quelle: „Macht und Ohnmacht der Bilder, Reformatorischer Bildersturm im Kontext der europäischen Geschichte“ von Peter Blickle
Die Pest
Bereits in den Jahren 1348, 1419, 1566 und 1594 hatte die Seuche im Thurgau gewütet. Aus dieser Zeit fehlen jedoch genauere Aufzeichnungen.
Eine unvorstellbare Heimsuchung bedeutete für unsere Gegend die Pest des Jahres 1629. Es handelte sich um die Beulenpest, die so heftig war, dass viele der Erkrankten innert Tagen starben.
Der schwarze Tod war durch nichts aufzuhalten.
Die Zahl der Toten betrug damals in der evangelischen Gemeinde Amriswil-Sommeri normalerweise jährlich etwa 30 Personen. Nach den Aufzeichnungen von Pfarrer Niklaus Zindel starben in diesem Unglücksjahr 576 Einwohner der evangelischen Gemeinde.
Im August des Jahres 1629, dem Höhepunkt der Seuche, wurden allein 230 Personen ins Sterberegister eingetragen.
Die Toten wurden etwas ausserhalb des Dorfes, auf der Tootewise begraben. (Die Tootewise ist am Ortsausgang Richtung Amriswil auf der rechten Seite)
Im Herbst 1629, mit dem Beginn der kälteren Witterung, ebbte die Pest langsam ab und verschwand bis zum Dezember ganz.
Die Seuche hatte aufgeräumt mit allen kranken und schwachen Einwohnern. In den nächsten Jahren starb fast niemand mehr. 1630 wurden nur sieben, 1631 und 1632 je sechs und 1633 nur gerade 13 Einwohner zu Grabe getragen.
Volkszählung von 1837
Von den damals gezählten 416 Einwohnern waren 403 katholisch und 13 evangelisch
Obersommeri | Niedersommeri | ||
---|---|---|---|
140 | Bürger, darunter folgende Namen: | 196 | Bürger, darunter folgende Namen: |
64 | Oswald | 132 | Hungerbühler |
25 | Rutershauser | 24 | Oswald |
22 | Keller | 23 | Stäheli |
18 | Koch | 15 | Keller |
4 | Fürer | 2 | Pfister |
3 | Pfister | 34 | Ansassen (niedergelassene Schweizer) |
3 | Stäheli | ||
2 | Kornmajer | zuzüglich 9 Bürger des Grossherzogtums Baden | |
37 | Ansassen (niedergelassene Schweizer) |
Heimleiterin Isa Staehelin 1890 – 1979
Veränderte Familienstrukturen, zerrüttete Familien und Kinderelend forderten zunehmend Fremdplatzierungen zum Schutze der betroffenen Kinder. Isa Staehelin erkannte den Bedarf an ausserfamiliärer Betreuung und fand Beruf und Berufung als „Ersatzmutter“ oder „Mutter vieler Kinder“, wie sie sich selbst nannte. 1919 kaufte sie dieses schöne Riegelhaus und richtete darin das Kinderheim „Heimetli“ ein. Während der Krisenjahre betreute Isa hier bis zu 70 Kinder. Als im Schulhaus Sommeri der Platz knapp wurde, verbot die Schulbehörde 1936 den Heimkindern den Schulbesuch. Isa zeigte sich davon wenig beeindruckt, kämpfte sich durch alle Instanzen, wandte sich zuletzt an den Bundesrat (1938) und konnte die Schulgemeinde zum unentgeltlichen Unterricht für ihre Schützlinge verpflichten. 1921 gründete Isa zusammen mit ihrer Freundin Anna Schmid im benachbarten Haus „Holdergarten“ (Förstergasse 7) ein Heim für behinderte Töchter, aus dem die heute florierende „Bildungsstätte Sommeri“ für Behinderte hervorgegangen ist.
1928 bis 1960 leitete Isa den Bund thurgauischer Frauenvereine, aus welchem die heutige Frauenzentrale hervorging. In den Kriegsjahren war Isa Mitglied und Kassierin der „Aktion Nationaler Widerstand“ und hatte dort einflussreiche Freunde, darunter spätere Bundesräte.
Maria Dutli-Rutishauser
wurde in Obersommeri am 26.11.1903 geboren.
Maria Dutli-Rutishauser sprengte als unermüdliche Schöpferin von Romanen, Erzählungen, Gedichten und Reisebeschreibungen die Grenzen ihres häuslichen Arbeitsplatzes. Die erfolgreiche Buchautorin wurde in diesem 200-jährigen Haus geboren und lebte hier bis zu ihrer Heirat (1927). Danach liess sie sich in Steckborn nieder. Sie hatte als junge Mutter zu schreiben begonnen. Über 60 Jahre lang dachte sie sich immer neue Geschichten aus über die Heimat, die Familie und über ihren Glauben an Gott. Die Pflege ihrer 8-köpfigen Familie hatte aber immer Vorrang vor der Arbeit am Schreibtisch. Mit ihrem ersten Roman „Der schwarze Tod“ (1930) verarbeitete sie die Schrecken der Pestzeit in Sommeri. In den über dreissig veröffentlichten Büchern bestimmte Maria viele Male Sommeri als Schauplatz und bewies damit ihre Verbundenheit mit dem Dorf ihrer Kindheit. „Der Hüter des Vaterlandes“, ein Bruder-Klaus-Roman, dürfte zu Marias bekanntesten Werken zählen. Vielen Leserinnen sind ihre Kolumnen in „Meyers Modeblatt“ in bester Erinnerung, welche sie während 50 Jahren verfasst hatte. Einige Hörspiele und Theaterstücke werden heute noch aufgeführt. Während des zweiten Weltkrieges engagierte sich Maria in vielen Vorträgen für die geistige Landesverteidigung.
Luftaufnahme von 1945
Und hier noch ein altes Luftbild aus dem Jahre 1945. Der Ausschnitt zeigt Obersommeri, am rechten Bildrand die Hueb, im Vordergrund die Aspenstrasse.